Japanische Gartenkunst in Kleinziethen

News

Japanische Gartenkunst in Kleinziethen

03Feb 2016

Christian Otto ist mit Leib und Seele Gartengestalter und Gartendesigner – und das schon seit über dreißig Jahren. Seit 2008 ist er Chefdesigner der Königlichen Gartenakademie in Berlin. Dort gestaltet er für seine Kunden vielseitige Anlagen. Vom englischen Stil bis zum Zen-Garten ist alles dabei. Aber ganz gleich, um welche Art der Gestaltung es sich handelt, für Christian Otto spielt bei der Inszenierung von Gärten und Landschaften das Umfeld und dessen Geschichte immer eine wichtige Rolle.

Eine besondere Garten-Philosophie hat er während seines Studiums in Japan kennengerlernt. Seitdem ist die fernöstliche Gartenkunst eine seiner großen Leidenschaften.

Für die Baumschule Lorberg hat Christian Otto nun einen japanischen Tsubo-Garten angelegt

In unserem Interview erzählt Herr Otto über die Idee des Tsubo-Gartens, die Philosophie und Geschichte dahinter und beantwortet Fragen zu seiner ganz persönlichen Sicht auf die Gartenplanung.

Herr Otto, wie kam es zu der Idee, auf dem Baumschulgelände einen Tsubo-Garten anzulegen?

Christian Otto: Bei einem meiner ersten Besuche in Japan wurde ich auf Tsubo-Gärten aufmerksam, die mich sofort interessiert und begeistert haben. Tsubo kann mit ‚kleiner Topf‘ übersetzt werden. Erste Gärten dieser Art wurden schon in der Heian-Zeit, ab 794 n. Chr. angelegt.

Es handelt sich also um einen sehr alten Gartenstil?

Christian Otto: Dieser wurde vor allem von wohlhabenden Geschäftsleuten geschätzt. Im beginnenden 16. Jahrhundert fand dieser Gartenstil eine größere Verbreitung im innerstädtischen Raum. Steuern wurden seinerzeit in Abhängigkeit der Länge der straßenseitigen Grundstücks- bzw. Hausfront erhoben, was zu schmalen Bauten führte. Der Wunsch nach einer Verbesserung des Wohnumfelds führte dann zur Integration kleinster Gärten in das Wohngebäude. Die Gartenräume waren von allen Seiten vom Gebäude umschlossen. Es konnte sich hierbei um kleine Landschaften oder reine Steingärten handeln.

Mir geht es darum, den Besuchern der Baumschule Lorberg zu verdeutlichen, dass es nicht viel Gartenraum benötigt, um die Sinne des Betrachters durch Landschaften zu berühren.

Japanische Gärten und Bonsai-Kunst bilden meist eine idealisierte Form der Natur im Kleinen nach. Ist das bei der Konzeption Ihres Tsubo-Gartens in Kleinziethen auch das Ziel gewesen?

Christian Otto: Ja, auch in Kleinziethen ging es um ein Abbild der Landschaft. Aber es soll auch beim ruhigen Betrachten der inneren Gestaltung Spannung entstehen. Der eigentliche Tsubo-Garten, der gegenüber der umgebenen Gartenfläche um ca. 40 cm abgesenkt wurde, nimmt einen großen Steinsolitär auf, dessen wahre Größe nur zu erahnen ist. Er gibt Raum für eigene Gedanken. Und: Dieser Stein wartete übrigens fast 25 Jahre bei mir auf seine Verwendung.

Was bedeutet Tsubo und was ist die Besonderheit an solch einem Garten?

Christian Otto: Von diesen noch so kleinen Gärten geht eine unglaubliche Energie aus.
Vor ein paar Jahren habe ich einen alten, nun der Öffentlichkeit zeitweise zugänglichen kaiserlichen Privatgarten besucht. Beim Durchwandeln dieser imperialen Villa stieß ich dann völlig unerwartet auf einen Tsubo-Garten, der von allen Seiten des ihn umgebenen Gebäudes zu betrachten war. Es ergaben sich immer wieder andere Blicke auf den Garten und entsprechend sich verändernde Stimmungen. Hier kann man erfahren, wie wenig Garten es braucht, um darin zu versinken.

Sie haben in Japan studiert und fernöstliche Garten-Anlagen im Ursprungsland kennengelernt. Gibt es grundsätzliche Unterschiede, wie die Japaner und die Deutschen einen Garten betrachten?

Christian Otto: Japanische Gärten sind miniaturisierte Nachbildungen besonderer Orte und Landschaften als idealisierte, dreidimensional wirkende Version der Natur. Dies ist sicherlich DIE Besonderheit der Japanischen Gartenkunst.

Wenn man, wie Sie, seit über 30 Jahren Gärten designt, kann man die Natur dann noch unbefangen ohne „Berufsblick“ wahrnehmen?

Christian Otto:

Ich kann Natur auch noch unbefangen aufnehmen

Bei bereits angelegten Gärten oder Landschaften, die ich besuche, fällt mir das schon schwerer. Wenn ich einen angelegten Gartenraum betrete, beginne ich sogleich mit der Analyse der Gestaltung.
Bei bereits angelegten Gärten oder Landschaften, die ich besuche, fällt mir das schon schwerer. Wenn ich einen angelegten Gartenraum betrete, beginne ich sogleich mit der Analyse der Gestaltung.

Die Fragen sind dann sehr oft:

  • Was bezweckt der/die Designer/rin mit der angelegten Raumstruktur?
  • Welche Pflanzen werden verwendet und wie wirken sie auf mich?
  • Wieso dieses Material? Wie ist der Spirit im Garten?

Und verraten Sie uns noch, in welchem Stil Ihr eigner Garten gestaltet ist?

Christian Otto: Zusammen mit meiner Frau und den Kindern haben wir uns einen kleinen Cottage- Garten angelegt, in dem wir unser eigenes Obst und Gemüse anbauen, der aber auch ein Ort des Rückzugs ist. Hier entsteht gerade eine kleine japanische Gartenecke. Eine neue eigene Gartenanalage plane ich bereits. Mit der Umsetzung soll in den nächsten 1-2 Jahren begonnen werden, wenn die dazu geeignete Fläche gefunden ist. Es handelt sich dabei natürlich um eine japanisch inspirierte Gartenanlage, die dann auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll.

Vielen Dank für das Interview!